Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Hochschulbildung verlangt klare Leitlinien für eine ethische Nutzung. Ohne Struktur und klare Zuständigkeiten drohen unethisches Verhalten und Bewertungsprobleme. Lehrende sollten sich mit KI auseinandersetzen und präzise Regeln schaffen, um Transparenz und Fairness zu gewährleisten. Die Einbindung von Studierenden bei der Regelgestaltung steigert Akzeptanz und fördert kritisches Denken.
Metadaten
- Autoren/-innen: Schmitt, Julia
- Mentoren/-innen: Vivian Kowalzik, Marit Vissiennon
- DOI: Keine DOI zugeordnet
- ISSN: 2628-829X
- CC-Lizenz: CC-BY (Bearbeitung erlaubt unter Namensnennung)
- Zitiervorschlag:
Schmitt, Julia (2024): Leitlinien und Regeln für KI-Nutzung in der Lehre formulieren. PatternPool. doi: noch nicht zugeteilt.
Problem
Das Fehlen einer klaren Struktur und eines einheitlichen Rahmens für den Einsatz von KI in der Hochschullehre bringt mehrere Probleme mit sich. Ohne klare Regeln besteht die Gefahr, unbeabsichtigtes unethisches Verhalten von Studierenden hervorzubringen. Unklare Zuständigkeiten führen dazu, dass nicht klar ist, wer für die ordnungsgemäße Nutzung von KI verantwortlich ist, was die Bewertung von Arbeiten zusätzlich erschwert. Dies macht es für Lehrende schwierig, wirksame Lehrmethoden zu entwickeln, und Studierende sind durch die Vielzahl der verfügbaren KI-Tools überfordert, wenn sie keine Orientierungshilfe erhalten. Studierende denken nicht kritisch über den Einsatz von KI nach, müssen hierzu jedoch angeleitet werden und diese Kompetenzen erst erlernen.
Anlass für die Entwicklung meiner erprobten Lehrpraxis war:
- Akutes Defizit bzw. akuter Konflikt
- Bestehendes bzw. strukturelles Problem
- Sonstiges
Lösung
Eine zentrale Lösung für die Herausforderungen im Umgang mit KI in der Hochschullehre ist die Formulierung und klare Kommunikation von Leitlinien. Lehrende sollten eigene Leitlinien für ihre Lehrveranstaltungen entwickeln und aus den Handreichungen der Hochschulen und/ oder Fachgesellschaften ableiten. Die Aushandlung dieser Regeln mit den Studierenden ist ebenfalls ein wichtiger Schritt, um Akzeptanz und Verständnis zu fördern.
Zusammenfassung in einem Satz
Details
Zur Gewährleistung einer effektiven Nutzung von KI-Tools sollten die folgenden Maßnahmen von den Lehrenden berücksichtigt werden:
1. Formulierung und Kommunikation von Leitlinien: Lehrende sollten klare und präzise Regeln zur KI-Nutzung entwickeln. Diese sollten alle relevanten Aspekte abdecken, einschließlich ethischer Richtlinien, erlaubter und unerlaubter Anwendungen sowie der Konsequenzen bei Regelverstößen. Die Regeln werden in schriftlicher Form (z.B. als Handout) und durch visuelle Hilfsmittel wie Piktogramme bereitgestellt und zum Beispiel im Learning Management System (LMS) hinterlegt, damit sie für alle Studierenden leicht zugänglich sind.
2. Selbstverantwortung der Lehrenden: Lehrende müssen sich aktiv mit der Thematik der KI-Nutzung auseinandersetzen und ihre eigene Einstellung reflektieren. Dabei ist es wichtig, sich zu überlegen, welche Regeln konkret für die eigene Lehrveranstaltung gelten sollen und welche Aspekte der KI-Nutzung besonders relevant sind.
3. Regelmäßige Kommunikation mit Studierenden: Die Regeln sollten nicht nur zu Beginn des Semesters kommuniziert werden, sondern regelmäßig gemeinsam mit den Studierenden diskutiert und überprüft werden. In diesen Gesprächen können eventuelle Anpassungen an den Regeln vorgenommen werden, um sicherzustellen, dass sie den aktuellen Bedürfnissen und Erfahrungen der Studierenden entsprechen.
4. Aushandlung von Spielräumen: Lehrende sollten in Rücksprache mit den Studierenden mögliche Spielräume für den Einsatz von KI definieren, um Flexibilität zu schaffen. Gleichzeitig sollte klar kommuniziert werden, welche Konsequenzen es bei Nichteinhaltung der Regeln gibt. Hierbei kann ein transparenter Dialog dazu beitragen, das Verständnis für die Notwendigkeit der Regeln zu fördern.
5. Technologische Fragen und Halluzinationen:
Technische Fehler: KI-Tools könnten technische Fehler oder sogenannte "Halluzinationen" erzeugen, also Informationen, die plausibel klingen, aber falsch sind.
Qualitätskontrolle: Es bedarf zusätzlicher Maßnahmen zur Qualitätskontrolle, um die Richtigkeit der von KI-Tools generierten Informationen sicherzustellen.
6. Zeit- und Ressourcenaufwand:
Einführungsphase: Die Einführung und Implementierung der Leitlinien könnte zeitaufwendig sein und zusätzliche Ressourcen erfordern, was eine schnelle Umsetzung erschwert.
Kontinuierliche Anpassung: Regelmäßige Überprüfung und Anpassung der Leitlinien könnten zusätzlichen Aufwand bedeuten, der sowohl zeitliche als auch personelle Ressourcen bindet.
7. Berücksichtigung vorhandener Regelungen:
Institutionelle Vorgaben: Bereits bestehende Regelungen der Hochschule müssen im Rahmen der eigenen Veranstaltungen berücksichtigt werden. Es ist wichtig, diese institutionellen Leitlinien einzubeziehen, um eine kohärente Umsetzung zu gewährleisten.
Stolpersteine
1. Unterschiedliche Interpretation der Leitlinien:
Inkonsequente Anwendung: Lehrende und Studierende könnten die Leitlinien unterschiedlich interpretieren, was zu inkonsistenter Anwendung und möglichen Missverständnissen führt.
Klare Definitionen: Ethische und erlaubte Anwendungen sollten klar definiert werden, um Raum für Interpretationen zu minimieren.
2. Ungleichmäßiger Zugang zu Ressourcen:
Technologische Ausstattung: Studierende aus weniger privilegierten Hintergründen könnten keinen gleichwertigen Zugang zu KI-Tools und -Ressourcen haben, was Ungerechtigkeiten verstärken könnte.
Infrastrukturelle Unterschiede: Unterschiede in der technologischen Ausstattung der Hochschule können die gleichmäßige Implementierung der Leitlinien erschweren.
Zugänge ermöglichen: Alle Studierenden müssen Zugang zu den notwendigen Technologien haben, und diese Aspekte müssen bei der Planung mitbedacht werden.
3. Ethik und Bias:
Unbewusste Vorurteile: KI-Tools können unbewusste Vorurteile und Biases enthalten, die die Neutralität und Fairness beeinträchtigen.
Ethische Abwägungen: Es könnte schwierig sein, ethische Entscheidungen zu treffen, insbesondere wenn es um den Einsatz von KI in sensiblen Kontexten geht.
4. Umgang mit Verdachtsfällen:
Erkennung und Nachweis: Es kann schwierig sein, den Missbrauch von KI-Tools nachzuweisen oder klare Indikationen für den unzulässigen Einsatz zu erkennen.
Konsequenzen: Die Festlegung und Durchsetzung angemessener Konsequenzen bei Regelverstößen kann kontrovers und herausfordernd sein.
5. Lehrgestaltung und Aufgabenstellungen anpassen:
Didaktisch sinnvoller Einsatz: Ein didaktisch sinnvoller Einsatz der KI muss gut durchdacht sein. Generelle Verbote oder uneingeschränkte Erlaubnisse ohne einen klaren Rahmen und ohne begleitetes Reflektieren mit den Studierenden entsprechen nicht der Lebensrealität und sind daher nicht zielführend.
Das Pattern ist erprobt worden in:
- Vorlesung
- Seminar
- Übung
Meine Lösung hat primär damit zu tun:
- Dass ich als Lehrender mit den Studierenden in Kontakt komme und in Interaktion trete (Feedback, Kommunikation etc.)
- Die Lehrorganisation zu verändern, die für die Beziehung zwischen Inhalten, Studierenden und mir als Lehrender von Bedeutung ist.
Meine erprobte Lehrpraxis steht zur Forschung in folgender Beziehung:
- Sonstiges
Digitale Medien spielen in meiner Lösung:
- Eine zentrale Rolle (bspw. reine Online-Lehre).
Das Pattern fördert primär:
- Übende Aktivitäten (dienen dem Ausprobieren, der Routinebildung etc.)
- Produktive Aktivitäten (dienen der Schaffung eigener Inhalte)
- Organisatorische Aktivitäten (dienen der Koordination, Vernetzung u.ä.)
Kontext
Künstliche Intelligenz (KI) wird zunehmend in allen Lebensbereichen integriert und beeinflusst damit nicht nur den Alltag, sondern auch die berufliche Praxis und Forschung. Hochschulen stehen in der Verantwortung, Studierende auf diese Veränderungen vorzubereiten, indem sie ihnen die notwendigen KI-Kompetenzen vermitteln. Darüber hinaus eröffnet die KI neue Möglichkeiten, Lehr- und Lernprozesse sowie Forschungstätigkeiten effizienter zu gestalten und zu optimieren. Die spezifischen Anforderungen und Ziele der Lehre variieren jedoch je nach Fachgebiet, was eine differenzierte Herangehensweise an die KI-Nutzung erfordert.
Das Pattern ist erprobt worden an:
- Universität
Das Pattern ist in folgender Disziplin (oder mehreren) zu verorten:
- Explizit interdisziplinäre Bereiche
Die Zielgruppe des Patterns besteht primär aus:
- Studienanfängern
- Fortgeschrittenen Studierenden im Bachelor (oder im ersten Studienabschnitt)
- Studierenden im Masterstudium (oder im zweiten Studienabschnitt)
Folgen
Die Einführung klarer Regeln für den Einsatz von KI-Tools in der Hochschullehre hat sowohl Vor- als auch Nachteile.
Vorteile
Ein wesentlicher Vorteil ist, dass sowohl Lehrende als auch Studierende Klarheit über den Einsatz von KI-Tools erhalten. Sie wissen genau, wann und wie KI-Werkzeuge eingesetzt werden dürfen, was Transparenz schafft und Unsicherheiten reduziert. Darüber hinaus kann der gezielte und kontrollierte Einsatz von KI den Lernprozess unterstützen und optimieren.
Ein weiterer Vorteil ist das gesteigerte Bewusstsein für die Konsequenzen von Regelverstößen. Klare und präzise formulierte Regeln fördern die Einhaltung und minimieren nichtwissenschaftliches Verhalten. Darüber hinaus entwickeln Lehrende durch die Auseinandersetzung mit der Funktionsweise verschiedener KI-Tools ihre Kompetenzen weiter, was langfristig die Qualität der Lehre steigern kann. Diese klar definierten Regeln geben sowohl Lehrenden als auch Studierenden Handlungssicherheit, die für ein stabiles Lernumfeld unerlässlich ist. Lehrende wissen genau, wie sie mit KI-Tools umgehen müssen, und Studierende kennen die Erwartungen und Anforderungen. Darüber hinaus fördern Regeln, die eine begleitete Reflexion und Diskussion über den Einsatz von KI-Tools beinhalten, das kritische Denken der Studierenden und bereiten sie auf zukünftige Herausforderungen vor.
Nachteile
Nutzung zu gewährleisten. Die Vielzahl und die unterschiedlichen Funktionsweisen von KI-Tools machen die Erstellung von allgemeingültigen Leitlinien komplex, sodass die Gefahr besteht, dass die Regeln zu allgemein oder zu spezifisch sind und nicht alle Szenarien abdecken. Darüber hinaus erfordert die rasche Entwicklung von KI-Technologien eine regelmäßige Überprüfung und Aktualisierung der Leitlinien, was einen kontinuierlichen Aufwand für die Lehrenden bedeutet.
Kräfte
Unklarheit bei Studierenden:
Studierende wissen oft nicht, ob sie KI-Tools verwenden dürfen, für welche Aufgaben und in welchen Kontexten der Einsatz zulässig ist. Diese Unsicherheit kann dazu führen, dass einige Studierende KI-Tools nicht nutzen, obwohl sie nützlich wären, während andere diese Tools möglicherweise unreflektiert verwenden.
Unklarheit bei Lehrenden:
Lehrende haben meist keine klaren Vorgaben von der Hochschule, an die sie sich bezüglich des Einsatzes von KI-Tools in ihrer Lehre halten können. Diese Unklarheiten führen zu Schwierigkeiten bei der Bewertung und beim Umgang mit von Studierenden generierten KI-Materialien. Ohne klare Richtlinien kann es zu inkonsistenten und möglicherweise unfairen Bewertungen kommen.
Unklarheit über Rechte und Pflichten:
Es fehlen eindeutige Regeln, die den Einsatz von KI-Tools beschreiben und einen Orientierungsrahmen für Lehrende und Studierende bieten könnten. Diese regulatorische Lücke trägt zur allgemeinen Unsicherheit bei und erschwert es beiden Parteien, sich an akademische Standards zu halten.
Bewertung und Fairness:
Es besteht ein Spannungsfeld zwischen der Notwendigkeit, Studierenden faire und vergleichbare Bewertungen ihrer Leistungen zu bieten, und der Herausforderung, sicherzustellen, dass alle erzeugten Arbeiten authentisch sind.
Bildungsziel der Selbstständigkeit:
Ein zentrales Ziel der Hochschulbildung ist die Förderung selbstständiger Problemlösungsfähigkeiten und kritischen Denkens. Der unregulierte Einsatz von KI kann diese Lernziele untergraben, indem er Studierenden ermöglicht, ohne eigene Anstrengung scheinbares Wissen zu demonstrieren.
Welche widersprüchlichen Anforderungen spielen in Ihrer bewährten Lehrpraxis eine Rolle?
- Sonstige
Beispiele/ Weiterführende Informationen
Links
- https://csp.uber.space/phhd/rulesfortools.pdf
- https://lehre-virtuell.uni-frankfurt.de/knowhow/allgemeine-empfehlungen-im-umgang-mit-generativer-ki-in-studium-und-lehre/
- https://lehre-virtuell.uni-frankfurt.de/knowhow/einsatz-von-generativer-ki-in-der-lehre-handlungsempfehlungen-fur-lehrende/
- https://hochschulforumdigitalisierung.de/wp-content/uploads/2024/02/HFD_Blickpunkt_KI-Leitlinien_final.pd
Dokumente/ Anhänge
- Es wurden keine Anhänge hinterlegt.
Weiterführende Literatur
Es wurde keine weiterführende Literatur angegeben.
Dieser Beitrag hat 0 Kommentare