Überspringen zu Hauptinhalt
patternpool.de - ISSN 2628-829X

Playmobil vs. Lego-Theorien: Studierende wenden an und vergleichen

Die Studierenden lernen zwei Textanalysemethoden in der Anwendung kennen: einmal durch das eigene Tun und zum anderen durch die Präsentation der Arbeitsergebnisse einer anderen Studierenden-Expert:innengruppe.
Sie lernen dadurch qualifiziert zu entscheiden, d.h. eine begründete Position einzunehmen, welche Methode sie zur Textanalyse verwenden.

Metadaten

  • Autoren/-innen: Swidsinski, Anja
  • Mentoren/-innen: Rada, Ulrike
  • DOI: Keine DOI zugeordnet
  • ISSN: 2628-829X
  • CC-Lizenz: CC-BY (Bearbeitung erlaubt unter Namensnennung)
  • Zitiervorschlag:
    Swidsinski, Anja (2021): Playmobil vs. Lego-Theorien: Studierende wenden an und vergleichen. PatternPool. doi: noch nicht zugeteilt.

Problem

In Seminaren wird meist nur mit Analysemethoden aus einer methodischen Schule gearbeitet, die die Dozierenden vorausgewählt haben. Ein direkter Vergleich der Anwendungsergebnisse verschiedener Methoden oder Überlegungen zur Kompatibilität der Vorgehensweisen finden selten statt.

Anlass für die Entwicklung meiner erprobten Lehrpraxis war:

  • Bestehendes bzw. strukturelles Problem
  • Persönliches professionelles Anliegen

Lösung

Studierende bilden zwei Expertengruppen, die mit je einer Analysemethode an denselben Texten arbeiten und die Ergebnisse vergleichen. Dabei kontrastieren und reflektieren sie die Erträge der ausgewählten Analysemethoden.

Zusammenfassung in einem Satz

Details

Die Seminarleitung wählt als Gegenstand gut kontrastierbare Schulen des Fachs aus, die sich in ihren theoretischen Annahmen sowie in ihrer Analysemethodik unterscheiden.

Im konkreten Seminar wurde eine gut kontrastierbare Grunddichotomie zwischen einer französischen strukturalistischen Theorie und einem deutschen organizistischen Modell ausgewählt. In der ersten Sitzung wird diese Grunddichotomie von der Seminarleitung erläutert.

In den ersten Sitzungen des Semesters werden Grundzüge der Theorien sowie der damit verbundenen Analysemethodiken vorgestellt. In je zwei Sitzungen pro Theorie werden von den Studierenden in Gruppenarbeit vorher gelesene und exzerpierte Texte zu den Theorien besprochen und kleine Anwendungsaufgaben mit der Analysemethodik bearbeitet.

Die Ergebnisse der Gruppenarbeit werden im Plenum verglichen und im Anschluss an die jeweilige Sitzung von den Studierenden in einem Kurs-Wiki gesammelt.

Damit wird bereits die Arbeitsweise für den Rest des Semesters eingeübt: Input durch die Seminarleitung (Zusammenfassung der letzten Sitzung, Teaser oder Klärung offener Fragen, dann Gruppenarbeit, dann Vergleich der Ergebnisse im Plenum, abschließend Aufzeichnen der Ergebnisse im Wiki).

Nachdem die Studierenden die Theorien kennen gelernt haben, entscheiden Sie sich individuell für eine theoretische Schule, mit der sie den Rest des Semesters analytisch weiter arbeiten wollen.
Die Sitzordnung wird entsprechend angepasst, die Studierenden verlassen ihre Arbeitsgruppen und sortieren sich neu in methodisch homogene Gruppen an verschiedenen Gruppentischen (bei großen Gruppen mehrere Gruppen pro Schule).

Die Entscheidung darf im Laufe des Semesters auch verändert werden, Studierenden dürfen das "Lager" wechseln.

In den folgenden Sitzungen im Semester analysieren alle Arbeitsgruppen dieselben Texte in Gruppenarbeit und vergleichen die Ergebnisse im Plenum. Wichtig ist, dass die Ergebnisse eine vergleichbare Form haben, die den Studierenden bekannt ist. Im konkreten Fall war beispielsweise das Ziel der Analyse jeweils das Entwickeln von Thesen und ersten Argumentblöcken.

Die Ergebnisse der Gruppenarbeit werden am Ende der Sitzung jeweils verglichen. Dabei kommen üblicherweise die folgenden Fragen auf: Werden von den verschiedenen Methodiken ähnliche Phänomene aufgedeckt? Werden diese ähnlich genau beschrieben? Ergänzen sich die verschiedenen Methodiken stellenweise? Unterschieden sich die Schulen in ihren Grundannahmen aber nicht in der Methodik?

Die Thesen, Argumentblöcke und Ergebnisse der Theorievergleichsdiskussionen werden von den Studierenden in einem seminarbegleitenden Wiki gesammelt, um ihnen nachhaltig zur Verfügung zu stehen.

Das Pattern ist erprobt worden in:

  • Seminar
  • Übung
  • Projekt

Meine Lösung hat primär damit zu tun:

  • Studierende methodisch darin zu unterstützen, sich Inhalte (allein oder in der Gruppe) anzueignen, diese zu reflektieren, zu verstehen, anzuwenden, weiterzuentwickeln, selbst zu generieren etc.

Meine erprobte Lehrpraxis steht zur Forschung in folgender Beziehung:

  • Forschung ist das Ziel der Lehrmaßnahme, sodass Studierende das Hand- und Denkwerkzeug für eigene Forschungsaktivitäten einüben

Digitale Medien spielen in meiner Lösung:

  • Eine gewisse bzw. mäßige Rolle (bspw. hybrides Lehrformat).

Das Pattern fördert primär:

  • Übende Aktivitäten (dienen dem Ausprobieren, der Routinebildung etc.)

Kontext

Das Pattern wurde mit Bachelorstudierenden im Fach Literaturwissenschaft Germanistik erprobt, die es gewohnt waren, eher historisch als theoretisch zu arbeiten. Das Arbeiten mit einer Theorie- und Methodenpluralität war ihnen daher weniger vertraut.

Das Pattern ist erprobt worden an:

  • Universität

Das Pattern ist in folgender Disziplin (oder mehreren) zu verorten:

  • Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
  • Geisteswissenschaften
  • Lehrerbildung
  • Explizit interdisziplinäre Bereiche

Die Zielgruppe des Patterns besteht primär aus:

  • Studienanfängern
  • Fortgeschrittenen Studierenden im Bachelor (oder im ersten Studienabschnitt)

Folgen

Vorteile:

- Die Studierenden erproben die Anwendung einer Methode, lernen aber parallel Anwendungsergebnisse einer anderen Methode kennen.
- Die Studierenden schulen ihre Selbstwahrnehmung: Welcher Theorieschule neige ich aufgrund von kognitiven Argumenten zu, mit welcher kann ich methodisch besser arbeiten.
- Trennschärfe in der Argumentation wird geschult: aus welcher Theorie argumentiere ich tatsächlich.

Nachteile:

- Es wird nur eine Methode praktisch erprobt.
- Die Ergebnisse der Gruppenarbeit könnten verzerrt sein, wenn das Leistungsniveau in den zwei Gruppen sich stark unterscheidet.

Kräfte

Im Fach existieren meinungsstarke theoretische Schulen, die sich grundsätzlich unterscheiden. Einige erlauben nur bestimmte Endprodukte (Playmobil) andere erlauben so viele Lösungswege wie durch die Kombination der Elemente möglich (Lego). [Diese Unterscheidung geht zurück auf Umberto Eco, Lector in fabula: Die Mitarbeit der Interpretation in erzählenden Texten , München, 1987, S. 69] In verschiedenen geisteswissenschaftlichen Fächern hat die „Verschulung” des Feldes, d.h. die Ausdifferenzierung konkurrierender theoretischer Schulen Auswirkungen auf Lehre sowie Lehrbücher. Lehrende haben sich zumeist innerhalb einer theoretischen Schule spezialisiert. Auch in Lehrbüchern ist häufig eine Engführung auf nur eine Methode von einer theoretischen Schule zu beobachten. Dies führt dazu, dass Studierende oft nur eine Methodik aktiv kennenlernen und erproben, anderen Methodiken meist nur kognitiv in Einführungsvorlesungen begegnen.

Welche widersprüchlichen Anforderungen spielen in Ihrer bewährten Lehrpraxis eine Rolle?

  • Lernen durch Zuhören/Lesen/Zusehen und Lernen durch eigenes Tun
  • Individuelles und soziales Lernen
  • Fachsystematische und lernsystematische Vorgehensweisen

Beispiele/ Weiterführende Informationen

Weiterführende Literatur

Die Unterscheidung zwischen Lego- bzw. Playmobil-ähnlichen Texten geht zurück auf Eco, Umberto. Lector in fabula: Die Mitarbeit der Interpretation in erzählenden Texten. München, 1987, S. 69.

[dkpdf-button]

Dieser Beitrag hat 0 Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

An den Anfang scrollen